Gilbert & Sullivan
So skurril wie das Leben - Die Piraten
von Penzance von Gilbert und Sullivan
Man kennt von Opern meist zuerst den Komponisten, der Librettist
ist - wie auch öfter das Libretto - zweitrangig. Bei
Gilbert & Sullivan aber steht der Name des Librettisten
an erster Stelle. Nicht ganz zu unrecht - dem Text kommt
eine ungewöhnliche Bedeutung zu. William Schwenck Gilbert
(1836-1911) ist bereits ein bekannter Schriftsteller, als
seine Zusammenarbeit mit Arthur Sullivan (1842-1900) beginnt.
Vorerst Büroangestellter und gelernter Rechtsanwalt,
gibt er sich mehr und mehr seiner Leidenschaft hin - anfangs
schreibt er Balladen und Gedichte, später wagt er sich
mit Burlesken und Farcen auf die Bühne. Gilberts Metier
ist die zynische Weltbetrachtung, treffender: das topsy-turvy-dom.
Dies ist eine sehr englische Form des Humors, die alles
auf den Kopf stellt - in einer Welt, in der manchmal alles
auf dem Kopf steht...
Für Gilbert & Sullivan ist es das "viktorianische
England" - während der Regierungszeit von Queen
Viktoria (1837-1901) blüht das britische Imperium -
doch die wirtschafts- und machtpolitische Stärke hat
ihre skurrilen Kehrseiten: Optimismus versus Melancholie,
Prüderie versus sexuelle Aufklärung, Arbeitseifer
versus Industriefeindlichkeit sind nur einige der Kontraste,
die das Land prägen. Genug Stoff für einen Schriftsteller.
Und eigentlich sogar recht aktuell, nicht wahr?
Die Piraten von Penzance oder Der Sklave der Pflicht ist
die 5. Oper von Gilbert & Sullivan. Diesmal sind es
Militär und Pflichtgefühl, die bis zur Absurdität
verdreht werden. Hier folgt jeder der Logik der unbedingten
Pflichterfüllung, seien es die Piraten, ihr Lehrling
Frederic, oder der alte Generalmajor - sie alle tun das,
was kein 'normaler' Mensch tun würde - oder doch?
Sullivan leistet seinen musikalischen Beitrag dazu. Als
romantischer Komponist, der drei Jahre in Leipzig studiert
hat und die deutsche Schule, insbesondere den in England
derzeit beliebten Mendelssohn sehr schätzt, schafft
er eine spritzige Musik, die dem humoristischen Libretto
gekonnt unter die Arme greift und zuweilen die traditionsreiche
französische und italienische Oper witzig parodiert.
"Sullivans Musiktheater gilt in Deutschland auch nach
125 Jahren noch immer weitgehend als Kuriosum," meint
unser Dirigent Kristian Commichau "Vielleicht liegt
das daran, dass das Genre 'Satirische Oper' hier keine Tradition
hat und man die Werke fälschlicher Weise in die Schubladen
Singspiel oder Operette einordnet."
Ein ganz besonderes Bonbon hält unsere Aufführung
noch bereit: es ist die deutsche Uraufführung der neuen
Übersetzung von Bettina von Leoprechting und Inge Greiffenhagen.
Was das Anliegen dieser Übersetzung ist, hat uns Frau
Greiffenhagen selbst gesagt: "Wir wollten die Kessheit
und Frechheit der englischen Songtexte angemessen ins Deutsche
übertragen und gleichzeitig so eng am Text zu bleiben,
dass der Plot nicht verloren geht."
Freuen Sie sich also auf diesen britischen Kulturgenuss,
den wir Ihnen im Oktober bieten werden!
Ihre vocal-concertisten
Zurück zur aktuellen Hintergrund-Seite
|